8. März: Weltfrauentag - Ein Interview mit 3 Frauen in der Hotellerie

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Heute ist Internationaler Frauentag. Nur in Berlin gilt er seit 2019 als gesetzlicher Feiertag - 110 Jahre nach seinem Ursprung. Ab 1911 bot er jährlich die Plattform für Forderungen nach Gleichberechtigung, dem Wahlrecht für Frauen und der Emanzipation von Arbeitnehmerinnen. Heute haben sich die Debatten in Deutschland und Europa vermehrt auf die Positionierung von Frauen in Führungsrollen und die Gleichberechtigung in Erziehungsfragen verlagert.

Die Corona-Krise hat bewiesen, dass diese Diskussion jetzt enorm wichtig ist. Denn durch die Schließungen von Kitas und Schulen müssen Studien zufolge wieder mehr Frauen den Spagat zwischen Arbeit, Homeschooling und Kinderbetreuung schaffen - häufig leidet darunter die Karriere. Auch in der katholischen Kirche werden die Proteste (endlich) lauter. Ende Februar haben Frauen mit der Initiative „Maria 2.0” ihre konkreten Forderungen nach Gleichberechtigung in allen Ämtern auf Plakaten an Kirchentüren in ganz Deutschland gehängt.

Doch abseits der Bestrebungen, die Schieflage der Geschlechtergleichheit in Machtpositionen auszutarieren, leiden nach wie vor noch immer viele Frauen weltweit unter Missbrauch, Gewalt und Krieg. Die Aktion „Message to my Sister” richtet sich in diesem Jahr an Frauen, die Kriegszustände erleben mussten und möchte Mut und Zuversicht schenken. Eine schöne Gelegenheit, Solidarität zu zeigen (meine Postkarte ist bereits unterwegs)!

Ein Interview mit drei Hoteldirektorinnen

Solidarität spürt in der aktuellen Wirtschaftskrise auch die Tourismusbranche. Hotellerie und Gastgewerbe sind stark gebeutelt von den Folgen der Corona-Pandemie. Seit Monaten sind ihre Betriebe geschlossen. In diesen Bereichen sind etwa zwei Drittel aller Beschäftigten Frauen. Wie sieht ihre Karriere aus? Wie emanzipiert fühlen Sie sich in der Branche? Wie viel Verantwortung tragen sie im aktuellen Krisenmanagement in den Betrieben? Ich durfte diese drei Hoteldirektorinnen und Unternehmerinnen zu ihrem Empfinden und persönlichen Geschichten befragen: 
Drei Unternehmerinnen in der Hotellerie
• Tanja Rosenbaum ist Betriebsleiterin in der Hotel-Ferienanlage „Zum Silberstollen” in Schellerhau im Osterzgebirge und leitet noch ein weiteres Gasthaus in Münster.

• Nicole Ann Habich ist Geschäftsführerin und Inhaberin der Hotel Franchise-Kette „mein kleinHOTEL” in Mittelhessen.
 
• Daniela Fiedler ist Inhaberin und Leiterin des Boutique Hotels „BUITERLING Hotel” in Brilon.

Sie alle nehme ich als starke, selbständige Unternehmerinnen wahr. Doch der Weg dorthin war nicht immer leicht, berichtet mir Tanja Rosenbaum: „Freiheit und Selbstständigkeit sind für mich ein hohes Gut. Wir Frauen haben die Möglichkeit uns in allen Bereichen frei zu bewegen, jeden Beruf zu erlernen, Weiterbildungen zu besuchen und entsprechend unsere Chance auf Karriere zu fördern. Allerdings war das nicht immer so. Ich bin nun seit über 30 Jahren in der Hotellerie tätig und ich kenne noch die „alte Garde” der Hoteliers, von denen wir - ohne Zweifel - viel gelernt haben aber in deren Kreis wir auch kämpfen mussten, um sichtbar zu werden. Das waren harte Zeiten aber Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Der Wandel ist bereits in vollem Gange.” 

Nicole Ann Habich hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Sie war nach ihrem BWL-Touristik-Studium bereits früh als Führungskraft in einem großen Touristik-Konzern tätig: „Ich hatte damals in der Bereichsleitung 10 Kollegen und nur eine Kollegin. Die Geschäftsführung (2 Männer) berichteten unmittelbar an den Konzernvorstand, der ebenfalls zu 100% mit Männern besetzt war und auch heute noch ist.” Seit über 40 Jahren ist sie nun in der Tourismusbranche tätig und hat viele Jahre im Bereich Produkt- und Marktentwicklung gearbeitet und zahlreiche Projekte entwickelt – nicht zuletzt ihr eigenes Franchise-Konzept, das mobile „kleinHOTELs” in ländlichen Regionen baut. 

Dass aber auch ein Quereinstieg in der Hotellerie erfolgreich sein kann, beweist Daniela Fiedler. Ursprünglich im Bereich Modemarketing tätig, eröffnete sie 2020 ihr Boutique Hotel und blickt trotz der aktuellen Krise positiv auf ihre Entscheidung zurück: „In dieser Branche ist es durchaus möglich, sich als Frau selbständig zu machen, die Karriere selbst zu bestimmen und sich einen Lebenstraum zu erfüllen”, berichtet die Unternehmerin. Die Karrierechancen für Frauen erachtet auch Nicole Ann Habich in diesem Wirtschaftszweig als gut, jedoch nur aufgrund eines bestimmten Umstands, erklärt sie: „Da die Touristik eher zu den niedrig bezahlten Branchen gehört und der Anteil der Frauen in diesem Berufs-Segment per se schon verhältnismäßig hoch ist, sehe ich die Hürden etwas niedriger und die Chancen für Frauen etwas besser als in anderen Branchen”.

Wie lassen sich Job und Kinderwunsch vereinen? 

Die Hotellerie ist kein 9-to-5-Job. Daher seien für Daniela Fiedler die Arbeitszeiten nicht immer leicht für eine Frau, die auch Mutter ist. Nicole Ann Habich bestätigt, dass bei der Familienplanung „viele der ehemaligen weiblichen Führungskräfte zunächst in Elternzeit gehen, dann in überwiegender Zahl in Teilzeitstellen zurückkehren und ihre Führungsposition aufgeben oder sie gegen eine „niedrigere” Führungsposition eintauschen müssen”. Trotzdem sieht Daniela Fiedler Chancen: „Die Arbeitszeit lässt sich zum Beispiel durch Früh- oder Spätschichten flexibler an den Alltag mit Familie anpassen. In der Personaleinsatzplanung versuche ich daher, die Wünsche meiner Mitarbeiterinnen so oft wie möglich umzusetzen. Zudem glaube ich, dass die Tourismusbranche eine im Vergleich zu vielen anderen Branchen schon sehr emanzipierte und frauenlastige Branche ist”. Es gehe in der täglichen Arbeit um Hands-on-Mentalität und Empathie, sagt Tanja Rosenbaum: „Wir brauchen diese Eigenschaften sowohl im Umgang mit unseren Mitarbeitern als auch mit unseren Gästen. Wir Frauen haben hier die Nase vorn.”

Stärke während der Pandemie

Die Umsatzeinbrüche und der anhaltende Lockdown gehen natürlich auch an diesen drei Unternehmerinnen nicht spurlos vorbei. „Die Verantwortung ist riesig und lastet sehr auf meinen Schultern”, berichtet Tanja Rosenbaum. „Allerdings bin ich nicht allein auf dieser Welt und in dieser Branche. Egal ob Frau oder Mann, ob Hoteldirektor oder Hoteldirektorin oder Mitarbeiter, wir leiden alle sehr schwer unter dieser Pandemie und das meine ich nicht nur betriebswirtschaftlich. Am Ende des Tages werden wir aber gestärkt aus dieser Krise herausgehen, unser Krönchen zurechtrücken und voller Leidenschaft und Energie dem besten Job der Welt nachgehen.” Diese Motivation spiegelt auch Nicole Ann Habich wieder: „Ich blicke aufgrund unseres Hotel-Konzepts, welches sehr gut in die moderne Zeit des Reisens passt, zuversichtlich in die Zukunft. In den nächsten Jahren wollen wir noch weitere Standorte in ländlichen Regionen erschließen und dafür sind wir bestens vorbereitet”, resümiert sie. 

Abschließende Worte

Drei Unternehmerinnen zeigen, dass Karriere und Selbstverwirklichung Ziele sind, die Frauen in der Tourismusbranche erreichen können. Dennoch haben Bezahlung, Familiengestaltung und die Geschlechtergleichheit in Führungsetagen sicher noch nicht das erstrebte Level erreicht. Die Motivation, dies zu ändern, weiter in jeder Hinsicht für Frauen einzustehen und den Wandel voranzutreiben, spüre ich aber deutlich.